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First Stop: Vancouver

Kaum zu glauben, aber meine erste Woche in Kanada liegt nun bereits hinter mir.

Die Zeit in Vancouver ist geradezu vorbeigerauscht – kein Wunder, bei all den Eindrücken und der schieren Zahl der Orte und Menschen, die ich dort erkundet und kennengelernt habe.


Tag 1: Angefangen hat es eigentlich noch in Deutschland, am Flughafen. Da bin ich am Gate direkt mit einer Familie aus Vancouver ins Gespräch gekommen, die mir schon mal einige Empfehlungen geben konnte. Später hat sich noch eine junge Frau eingeklingt, die vor ein paar Jahren als Aupair in Kanada gewesen ist. Da sie zwei davon hatte, hat sie mir eine CompassCard geschenkt (das sind die elektronischen Karten für den Public Transport, auch bekannt als öffentlicher Nahverkehr). Anderenfalls hätte ich mich da noch bei meiner Ankunft drum kümmern müssen, so aber konnte ich sie einfach noch etwas auffüllen und mich dann direkt auf den Weg zum Hostel machen. Vor allem wenn das so zentral liegt wie meines, ist es wirklich empfehlenswert, die Bahn zu nehmen. Das ist nämlich absolut unkompliziert und spart im Vergleich zu einem Taxi einiges an Geld.

Im Hostel angekommen, war ich völlig erschöpft. Nach meinem Zeitempfinden war es immerhin mitten in der Nacht. Deshalb habe ich an meinem ersten Abend nicht mehr viel gemacht, außer mein Zimmer zu beziehen. Die Stadterkundungstour habe ich auf den nächsten Tag verschoben. Trotzdem habe ich versucht, mich noch ein bisschen wach zu halten und die Zeit genutzt, um meine Roommates kennenzulernen. Ich habe mir das Zimmer mit zwei, später drei anderen Frauen geteilt. Sie waren aus England, Indien und Australien und allesamt sehr nett.


Tag 2: Nach einem leckeren Frühstück im Hostel (wenn auch ohne Pancakes) und einem Orientierungsgespräch der Organisation über Skype, habe ich mich dann mit meinen Roommates auf einen ersten Erkundungsgang durch die umliegenden Viertel begeben. Insbesondere Gastown hat es mir angetan. Obwohl Vancouver natürlich wie alle amerikanischen Städte nicht wirklich alt ist (zumindest nicht nach europäischen Architekturverständnis), wirkt der Stadtteil viel älter als die anderen, teils viktorianisch mit den blumengeschmückten Straßenlaternen und seinem Wahrzeichen, der Steamclock. Zwar wird sie mittlerweile elektrisch betrieben, aber das viertelstündliche, dampfbegleitete Pfeifen der Westminster-Melodie, ist dennoch ein Highlight. In manchen Ecken habe ich mich insgeheim fast ein bisschen an London erinnert gefühlt. Nur zu weit sollte man nicht an den äußeren Rand des Viertels vordringen, denn dort gibt es eine große Drogenszene und jede Menge Fixer auf der offenen Straße...

Abgesehen davon, reihen sich in Gastown kleine Geschäfte aneinander, die zum Bummeln einladen und sich mit gemütlichen Pubs und Brauereien abwechseln – ja, die Kanadier lieben Bier. An vielen Ecken ist die Luft musikerfüllt. Ich habe den Straßenmusikern gerne zugesehen, die meisten schienen unglaublichen Spaß zu haben.

Der Name des Districts hat übrigens rein gar nichts mit Gas zu tun, sondern ist nach seinem Urvater, dem Barbesitzer „Gassy Jack“ benannt. Der war wohl eine Quasselstrippe, denn „gassy“ bedeutet soviel wie geschwätzig oder redselig.

Wir haben in einem veganen Restaurant zu Mittag gegessen – der Trend ist definitiv auch in Kanada zu beobachten. Dort habe ich zum ersten Mal Poutine probiert. Das sind im Grunde Pommes mit Gravy (Bratensauce) und Käse – eigentlich recht unspektakulär, hier jedoch so etwas wie das Nationalgericht. Kanadas Esskultur zeichnet sich wahrscheinlich gerade dadurch aus, dass sie nicht kanadisch, sondern multikulturell ist. Denn Essen gibt es in Vancouver wirklich an jeder Ecke. Insbesondere der starke Einfluss aus Asien zeichnet sich hier deutlich ab.

Anschließend ging es weiter nach Chinatown. Wir sind allerdings nur kurz dortgeblieben, denn schön ist die größte Chinatown Kanadas leider wirklich nicht… Für gutes chinesisches Essen ist man aber sicher an der richtigen Adresse. Auf dem Rückweg haben wir uns erstmals verlaufen, denn die vielen Unterführungen um Chinatown sind einfach verwirrend. Das hat man uns wohl angesehen, denn ein netter Mann hat uns kurz darauf bereitwillig und ungefragt den Weg erklärt :)

Abends sind wir zusammen mit ein paar anderen Hostelbewohnern noch einmal losgezogen. Wir waren eine buntgemischte Gruppe, die anderen waren aus England, Frankreich und der Schweiz (ich habe irgendwie generell viele Schweizer kennengelernt). Letztendlich haben wir uns griechisches Essen geteilt und sind danach noch etwas Trinken gegangen. Dazu sind wir nach Gastown zurückgekehrt, was ich im Dunkeln wirklich empfehlen kann. Auch wenn sich das anfangs etwas schwierig gestaltet hat, da das Drinking Age in British Columbia nicht wie in Deutschland ist und von Bundesstaat zu Bundesstaat variiert. Wir haben dann aber eine Brewery gefunden, in der wir den Abend mit jeder Menge lustigen und interessanten Geschichten haben ausklingen lassen. Auch mit den Waiters und Barkeepern kommt man leicht ins Gespräch. Außerdem haben wir festgestellt, dass Schweizerdeutsch doch eine halbe Fremdsprache ist – zumindest, was einige Worte und Redewendungen anbelangt, haha :D


Tag 3: Wie auch an diesem Morgen, bin ich eigentlich die ganze Woche immer sehr früh aufgewacht. Einerseits war es morgens ziemlich laut draußen und andererseits war meine innere Uhr wohl doch ein wenig durcheinander. Ich habe auf jeden Fall drei Tage gebraucht, bis ich mich nicht mehr gejetlagt gefühlt habe. Auch wenn es wesentlich schlimmer hätte sein können, ein bisschen gerädert habe ich mich schon gefühlt. Trotzdem habe ich mich entschlossen, das straffe Programm durchzuziehen, das ich für den Tag vorgesehen hatte. Nach dem Frühstück habe ich mich auf den Weg zum Harbour Centre gemacht, das einen spektakulären Blick auf die Stadt verspricht. Ich muss sagen, die Aussicht, die sich mir eröffnet hat, als ich mit dem Fahrstuhl auf 121 Meter Höhe gefahren bin, war den Eintrittspreis auf jeden Fall wert. Zumal es sich um ein Tagesticket handelt und man den Blick auf die Hochhäuser, Grünflächen und das Meer theoretisch zu verschiedenen Tageszeiten genießen kann. Es gibt dort auch ein Drehrestaurant in der Kuppel, das mir allerdings nicht empfohlen wurde und überdies sehr teuer sein wird.

Anschließend habe ich mich auf die Suche nach dem „Seawall“ gemacht, ein Weg, der an der Waterfront entlang und einmal um den Stanley Park herumführt. Ursprünglich hatte ich vor, mir für den Tag ein Fahrrad zu leihen, allerdings hatte ich Mühe genug, den richtigen Weg zu finden, da es rund um Canada Place wirklich verwinkelt ist. Man glaubt es kaum, bei dem sonst so geordneten, gitterförmigen Straßenkonzept, das dem von New York ähnelt.

Als ich dann endlich den Stanley Park erreicht hatte und keinen Fahrradverleih entdecken konnte, habe ich kurzerhand beschlossen, die zehn Kilometer zu Fuß zu gehen. Ich hatte einfach keine Lust mehr zu suchen und zudem war es schon später als ursprünglich geplant. Man kann den Rundweg theoretisch von beiden Seiten gehen und kommt unterwegs an verschiedenen Stränden (aber auch einsameren Buchten), einem bizarren, alleinstehenden Felsen im Wasser, dem kleinen rot-weißen Lighthouse, dem „Girl in a Wetsuit“ (erinnert an die Skulptur der kleinen Meerjungfrau von Kopenhagen) und den berühmten Totempfählen am Rande des Parks vorbei. Zwischendurch bieten kleine Wege immer wieder einen Abstecher ins beeindruckende Innere des Parks an.

Die durchschnittlichen Temperaturen in Vancouver habe ich ziemlich unterschätzt, durch das maritime Klima fühlen sich 23 Grad in Wahrheit schnell mal wie 30 an. Man sollte auf jeden Fall immer jede Menge Wasser dabeihaben. Ich war jedenfalls ziemlich fertig und hungrig, als ich nach über zwanzig Kilometern Fußmarsch wieder im Hostel angekommen bin. Eine Pause war mir allerdings nur kurz vergönnt, denn durch mein kurzzeitiges Umherirren am Vormittag war es schon fast Zeit für den nächsten Programmpunkt des Tages: Die Australierin aus meinem Zimmer tanzt unglaublich gerne und die meisten werden wissen, dass ich da auch leicht für zu begeistern bin. In Vancouver gibt es im Sommer Public Dance Lessons am Robson Square, die jeder kostenlos besuchen kann. An mehreren Nachmittagen/Abenden bringen Profitänzer den Tanzbegeisterten die Basics verschiedener Tänze, beispielsweise aus den Kategorien Ballroom und Salsa, nahe. Dabei sind alle Altersgruppen vertreten und es erfolgen regelmäßige Partnerwechsel. Eigentlich findet man immer jemanden zum Tanzen. Auf die halbstündige Unterrichtseinheit folgen Vorführungen lokaler Tanzschulen und anschließend läuft mehrere Stunden nonstop Musik, sodass man das eben Gelernte – oder in vielen Fällen auch schon jahrelang Trainierte – zum Besten geben kann.

Am Freitag war Tango (Ballroom) dran, was definitiv jede Menge Spaß gemacht hat. Es muss sich übrigens auch niemand Sorgen machen, sich ungeschickt anzustellen, weil man vielleicht keine oder vergleichsweise wenig Tanzerfahrung hat. Wenn man einige Paare dort tanzen sieht, kann das zunächst schon einschüchternd sein, aber die meisten sind total locker und helfen gerne weiter, indem sie noch einmal geduldig erklären oder eifrig neue Schritte beibringen.

Ich bin nicht bis zum Ende geblieben, da ich das Tagesticket nutzen und unbedingt noch einmal bei Nacht den Aussichtsturm besuchen wollte – auch wenn ich meine Füße an dem Tag kaum noch gespürt habe, so viel wie ich unterwegs war. Tatsächlich habe ich es geschafft, mich noch einmal zu verlaufen. Zwar hat mir auch diesmal ein sehr hilfsbereiter Kanadier auf die Sprünge helfen wollen, nur hat er mich leider selbst in die falsche Richtung geschickt, haha :)

Die Aussicht auf die Stadt im Dunkeln ist definitiv eines meiner Highlights gewesen. Hätte ich mich zwischen Tag und Nacht entscheiden müssen, hätte ich letzterem wahrscheinlich den Vorzug gegeben. Die Skyscraper bei Tag sind auch von unten mehr als beeindruckend, den unvergleichlichen Blick auf das Lichtermeer bei Nacht erhält man aber wirklich nur von oben. Am schönsten ist es wahrscheinlich noch zur Zeit des Sonnenuntergangs.

Beeindruckend waren auch die Menschenmassen bei meiner Rückkehr in die Granville Street (die Straße, in der das Hostel sich befindet). Das ist quasi die Partymeile in Downtown und für das Wochenende gilt: It’s packed with people. Feierwütige, überwiegend junge Menschen aus Kanada und aller Welt, die die zahlreichen Pubs, Bars und Night Clubs ansteuern, die hier das Straßenbild prägen. Für die Nacht werden dort sogar die Straßen für Autos gesperrt.


Tag 4: Am Samstag wollte ich endlich Granville Island besuchen, worüber ich bis dahin schon sehr viel Positives gehört hatte. Das ist im Grunde eine Art Halbinsel mit mehreren Markthallen und kleinen Geschäften. Wenn man die Granville Street komplett hinunterläuft, gelangt man über eine lange Brücke dorthin. Links rasen die Autos vorbei, rechts hat man einen wunderschönen Blick über den Jachthafen, eine Brücke und die Marktgebäude von oben. Zur einen Seite recken sich riesige Hochhäuser gen Himmel, zur anderen bilden die Berge den Hintergrund. Die einzige Schwierigkeit ist die fehlende Ausschilderung – dafür, dass Granville Island so ein beliebter Spot ist, ist der Weg dorthin gar nicht so leicht zu finden. Man läuft zunächst im Grunde einmal oben an den Hallen vorbei, da es dort keine Möglichkeit gibt, die Brücke zu verlassen. Sie zieht sich in einer langen Kurve noch ein ganzes Stück weiter. Dort gelangt man dann durch eine Unterführung auf das Gelände des Geschehens.

In den Markthallen gibt es so ziemlich alles für Essensbegeisterte – von exotischen Kaffeekreationen und gehaltvollen Torten über frische Früchte, Backware (sogar echtes Brot!) und natürlich Ahornsirup, ist alles dabei. Ich kann definitiv die Walnut Maple Croissants, Coco Macaroons und Vanilla Latte empfehlen. Very tasty!

Für den Nachmittag hatte ich meiner Mitbewohnerin aus England eigentlich versprochen, mit ihr nach Mission, etwas außerhalb von Vancouver zu fahren. Vancouver wird auch als das kanadische Hollywood gehandelt, dort wurden schon Szenen vieler Filme und Serien gedreht, darunter Once Upon A Time, The 100, Fifty Shades of Grey, Deadpool, Mission Impossible, Planet der Affen, Twilight und Riverdale. Um letztere Serie ging es, denn in Mission steht „Rocko’s Diner", auch bekannt als „Pop’s Chocklit Shoppe". Wenn gerade nicht gedreht wird, kann man da nämlich ganz normal Essen gehen – und natürlich Milkshake trinken. Allerdings fahren die Züge nur unter der Woche, vor allem aber fährt der Western Express in östliche Richtung nur nachmittags und in westliche nur vormittags. In anderen Worten bedeutet das, dass man aus Mission ohne Auto nicht am selben Tag zurückkommt (wichtige Info für alle Riverdale-Fans :D).

Da hieß es dann: Planänderung. Und die bestand in einer Shoppingtour durch die umliegenden Geschäfte. Abgesehen von gängigen Ketten wie Forever21, Urban Outfitters, Brandy&Melville, Topshop usw. gibt es auch eine Reihe kanadischer Brands und Boutiquen, die wirklich schöne und qualitativ hochwertige Kleidung für einen angemessenen Preis anbieten.

Danach haben wir uns zu dritt auf den Weg zum English Bay Beach gemacht, denn dort stand am Abend noch etwas ganz Besonderes an. Die „Celebration of Light“ ist ein jährlich stattfindendes Feuerwerk-Festival, bei dem drei Länder in drei Nächten Ende Juli/Anfang August gegeneinander antreten. Ich hatte schon im Vorfeld davon gehört und habe mich wahnsinnig gefreut, als ich herausgefunden habe, dass es während meines Aufenthalts gerade stattfindet.

Wir waren schon deutlich früher da, einerseits um einen guten Platz zu bekommen und andererseits um uns zur Abwechslung einen entspannten Nachmittag am Strand zu machen. Ich war das erste Mal im Pazifik schwimmen, wir haben die Sonne genossen, herumgealbert und später einen traumhaften Sonnenuntergang beobachten können. Irgendwann habe ich mich umgesehen und war erstaunt, wie voll es mit einem Mal um uns herum geworden ist.

Um 22 Uhr, der Startzeit für das Feuerwerk, war der Strand vollständig besetzt, auch die höher gelegene Wiese und die Tribüne dahinter. Man konnte kaum noch ein Stück Sand finden, um sich einen Weg zwischen all den Handtüchern und aus Sand erbauten Sofas zu den Foodtrucks zu bahnen. Zuvor gab es noch eine Show eines Kunstfliegers, der über dem Meer Loopings, Schrauben und jede Menge anderer riskante Manöver vollführte.

Wir saßen direkt am Wasser und hatten einen perfekten Blick auf das Lichtschauspiel, das sich kurz darauf über unseren Köpfen abspielte. Ein Feuerwerk der Farben und Formen und Geräusche, abgestimmt auf die Musik aus den Lautsprechern – es war schlichtweg atemberaubend. Auf die OpenAir-Kino-Atmosphäre folgte später eine Völkerwanderung auf den Straßen, als alle sich auf den Heimweg machten. Ich glaube, ich habe selten so viele Menschen an einem Ort gesehen.


Tag 5: Ein weiteres Must-see auf meiner Liste war Grouse Mountain, mit 1231 Metern der höchste Berg in Vancouvers Umgebung. Ich bin mit dem Seabus (quasi eine Fähre, die Teil des öffentlichen Nahverkehrs ist und von der Waterfront Station fährt) zunächst nach Londsdale Quay in North Vancouver übergesetzt und habe den Weg dann dort mit dem Bus fortgesetzt. Der setzt einen nach einer etwa halbstündigen Fahrt direkt am Fuße des Berges ab. Dort hat man dann die Wahl zwischen der Skytrain (einer Gondel) oder dem Grouse Grint, einem Wandertrail, um nach oben zu gelangen. Ich wollte auf jeden Fall hochlaufen. Zum einen ist es teuer, die Gondel nach oben zu nehmen, da man meist für sämtliche Attraktionen auf dem Berg mitbezahlen muss. Zum anderen war ich der Meinung, dass ich, wenn ich schon einmal in British Columbia bin, auch mindestens einmal wandern sollte. Soweit zumindest mein Vorhaben. Was ich nicht wusste ist, dass der Grouse Grint keine klassische Wanderung ist. Es stand zwar schon in den Reiseführern geschrieben, dass es ein anspruchsvoller Trail ist, denn auf rund 3 Kilometern werden über 800 Höhenmeter überwunden. Es war aber nicht die Rede davon, dass es sich genau genommen um eineinhalb Stunden (durchschnittliche Zeit) reines Treppensteigen handelt. Wobei „Treppe“ auch eine sehr gutmütige Bezeichnung ist, denn die Stufen sind natürlich nicht genormt. Zum Großteil verschmelzen sie einfach in Form von Wurzeln und Steinen mit ihrer Umgebung und im Laufe des Trails wird es immer steiler. Da wird eine über ein Meter große Stufe dann schnell mal zur Herausforderung, wenn das Ganze schon eher Klettern gleicht :D

Ich wage zwar zu behaupten, dass ich ziemlich fit bin und auch schon viele Wanderungen gemacht habe, aber ich muss sagen, dass mich selten eine derart an meine körperlichen Grenzen gebracht hat wie diese nur knapp einstündige Tour. Als sei das Gekraxel nicht genug, war es nämlich auch noch richtig heiß an dem Tag. Obwohl es zwischen den Bäumen überwiegend schattig war, herrschte nahezu tropisches Klima, denn es handelt sich tatsächlich um einen Regenwald.

Ich war echt fertig, als ich oben ankam, aber gleichzeitig stolz auf mich, dass ich es geschafft habe. Und mit der Aussicht wurde ich auf jeden Fall entlohnt. Zwischen den Gondeln hat man einen weiten Blick auf die Stadt und die Umgebung weit unten. Außerdem gibt es jede Menge Touristenattraktionen auf der Bergspitze, beispielsweise Helikopter- und Zipline-Touren, Holzfällershows, einen Kletterpark und ein Grizzly Reservat – vorausgesetzt man hat das Geld dazu und Lust, sich mit etlichen anderen über die Wege zu schieben. Was bei mir beides nicht der Fall gewesen ist. Also habe ich eine Weile einfach zwischen wilden Blumen im Gras gelegen, den Ausblick genossen, neue Bekanntschaften geschlossen und mir einen Snack gegönnt. Danach ging es mit der Gondel nach unten, die zwischendurch ziemlich an Fahrt aufnimmt. Anders kommt man vom Berg nicht wieder herunter, de Trail ist nur in eine Richtung freigegeben. Die Fahrt runter ist glücklicherweise wesentlich günstiger, als die Fahrt hinauf. Zurück nach Downtown gibt es einen kostenlosen Shuttle-Service.

Später habe ich noch beim Salsa-Tanzen vorbeigeschaut und mir von drei sehr motivierten Herren das Wichtigste beibringen lassen. Leider hatte ich mich morgens schon von meinem Roommate aus England verabschieden müssen. Dafür war ich dann mit der tanzfreudigen Australierin Sushi Essen, das in Vancouver wirklich richtig gut ist.


Tag 6: An meinem letzten vollen Tag in dieser Riesenstadt hatte ich endlich die ersehnten Pancakes und einen genauso reichhaltigen wie leckeren Milkshake zum Frühstück. Noch dazu in einem wunderbar klischeehaften Diner.

Danach wollte ich gerne noch einmal eine andere Ecke von Vancouver sehen. Zumal meine Beine sich nun allmählich beschwert haben, angesichts des vielen Rumrennens der letzten Tage. Ich habe mich danach gesehnt, zum Abschluss noch mal ganz gemütlich bei Wellenrauschen am Strand zu liegen. Die Strände in Downtown waren mir aber eindeutig zu voll. Von einem meiner Tanzpartner des vorherigen Abends hatte ich Jericho Beach als Tipp erhalten – wohl sehr beliebt unter jungen Leuten und Wassersportlern, trotzdem nicht überlaufen und etwas außerhalb der Stadt. Der Rat hat sich als gut erwiesen, denn der Sandstrand war tatsächlich nahezu menschenleer.

Zurück im Hostel habe ich schon mal ein bisschen gepackt, um am Tag der Abreise nicht in Stress zu kommen und mich noch in Ruhe von der Stadt und meinen Lieblingsplätzen verabschieden zu können. Ich habe noch ein letztes Mal mit meinen Roommates zusammen zu Abend gegessen. Indisch. Ich sage nur soviel: Vertraue besser keinem Inder, wenn er dir sagt, dass das Essen nicht scharf sei. Es sei denn, du liebst Schärfe. Indische Schärfe. Wir haben uns auf jeden Fall gut amüsiert, vor allem die Inderin :D

Abends bin ich einem weiteren Tipp vom Vorabend gefolgt. Im Sommer gibt es eine Serie von Public Movie Nights, bei denen Filme auf großen Leinwänden an öffentlichen Plätzen gezeigt werden. Diesmal also wirklich OpenAir-Kino. Das Angebot wird offenbar von vielen begrüßt, denn der große Platz – eingerahmt von Treppen und mächtigen Wolkenkratzern bei nächtlicher Beleuchtung – war rappelvoll. An dem Abend wurde „Bohemian Rhapsody“ gezeigt und die Atmosphäre war wirklich einmalig, als „We Will Rock You“ aus den Lautsprechern über den Platz und noch weit darüber hinaus schallte und Queen-Fans dazu rhythmisch mitklatschten. Ein wirklich gelungener letzter Abend!


Tag 7: Nach einem letzten Frühstück im Hostel habe ich die übrigen Sachen zusammengepackt, ausgecheckt und mein Gepäck unten gelagert.

Dann habe ich mich noch einmal auf den Weg nach Gastown gemacht, meinem Lieblingsviertel. Es lohnt sich, sich ein paar Stunden Zeit zu nehmen und durch die vielen kleinen Geschäfte und Souvenirläden zu bummeln. Dort findet man zum Beispiel Postkarten, T-Shirts und Tassen mit lustigen Motiven, Ahornsirup in blattförmigen Fläschchen, Bücher, Schmuck oder Schlafanzüge mit Elchmotiv.

Anschließend habe ich mich sehr pünktlich auf den Weg zum Bahnhof gemacht, weil die ganze Gepäck-durch-die-Stadt-zur-Trainstation-schleppen-und-unfallfrei-in-die-richtige-Bahn-einsteigen-Geschichte ja manchmal nicht unproblematisch verläuft. Vor allem bei meinem Orientierungssinn, auf den ich rückblickend allerdings mächtig stolz bin. Wäre auf jeden Fall nicht von Vorteil gewesen, kurz vor knapp loszugehen. Nicht, wenn ich vorher noch Gepäck aufgeben muss und der Zug nur zweimal in der Woche fährt…

Es lief zum Glück alles glatt, nur am Bahnhof war ich noch mal kurz gestresst, weil ich noch etwas umpacken sollte. Auf die zugelassenen Gewichtsmaßgaben in Kilogramm sollte man sich besser nicht verlassen. Demnach hätte nämlich alles passen müssen. 50 Pounds sind die Obergrenze und da sind die – wenn auch sehr freundlichen – Kontrolleure sehr strikt. Ich glaube, ich kann berechtigterweise sagen, dass ich mir der Bahnhof wie ein Mini-Flughafen vorkam. Nur eben für Züge. Dafür wurde das restliche Gepäck dann nicht gewogen. Naja. Nach einer halben Stunde Schlangestehen stand meiner Weiterreise dann jedenfalls nichts mehr im Wege und es hieß: Goodbye, Vancouver!


Mein Fazit: Der Stadt eilt ihr Ruf als vielleicht sehenswerteste Stadt Kanadas nicht umsonst voraus. Ich habe zwar bisher noch keine anderen Vergleiche, aber die Woche dort hat mir wirklich sehr gefallen. Die Stadt ist groß, schnell, laut und bunt. Es gibt so unglaublich viel zu entdecken, dass man kaum weiß, wo man zuerst hinsehen oder hingehen soll. Als ich das erste Mal durch die Straßen gelaufen bin, haben mich all die neuen Eindrücke geradezu erschlagen. In Vancouver scheint es einfach alles zu geben: Wolkenkratzer, die Berge, das Meer – ja, sogar Regenwald. Und es fühlt sich entgegen der Vorstellung, die viele von Kanada haben, tatsächlich nach Sommer an. Stellt euch vor, ihr liegt am Strand, hinter euch versuchen sich die Hochhäuser mit ihren spiegelnden Glasfassaden gegenseitig in ihrer Höhe zu übertrumpfen, vor euch bäumen sich die Wellen des Pazifiks auf und dahinter erhebt sich das Küstengebirge. Der absolute Wahnsinn.

Außerdem ist alles irgendwie überdimensional. Die Häuser, die Bäume, die Beleuchtung, die Straßen, die Essensportionen, sogar Starbucks.

Überdies lernt man wirklich ständig und überall neue Leute kennen: Ob beim Frühstück im Hostel, an der Haltestelle, in Bars, bei Ausflügen oder einfach auf der Straße. Beispielsweise weil sie genauso desorientiert sind wie man selbst und man sich dann zusammen auf die Suche macht. Das macht die Sache direkt besser, haha :)

Es lohnt sich auch, sich im Hostel einfach mal in den Gemeinschaftsraum zu setzen. Da lernt man Reisebegeisterte aus aller Welt kennen, die jede Menge spannende Geschichten zu erzählen haben. Ich würde generell jedem anraten, einem Hostel den Vorzug vor anderen Unterkünften zu geben, wenn man gerne sozialen Kontakt hat. Denn dafür stehen die Chancen wahrscheinlich nirgendwo besser.

Zudem kann man im Vorfeld zwar grob planen und sollte das vielleicht auch bei einer Riesenstadt wie Vancouver, um vor Ort nicht zu viel Zeit damit zu verschwenden. Vieles, wenn nicht sogar das meiste ergibt sich aber erst vor Ort und durch den Leuten, die man dort trifft. Wenn ich darüber nachdenke, wie viele wundervolle Orte und Events mir ansonsten entgangen wären, weil ich überhaupt nichts davon gewusst hätte, bin ich froh, dass ich so flexibel war. Beispielsweise die Public Dance Lessons hätte ich mit Sicherheit in keinem Reiseführer gefunden – ein unvergleichliches Ereignis. Und hätte ich dort nicht teilgenommen, hätte ich wiederum nicht über einen meiner Tanzpartner von der Movie Night erfahren. Also heißt es offen sein und keine Scheu vor Unterhaltungen haben. Ich habe durchweg positive Erfahrungen gemacht. Die Menschen, die mir begegnet sind, waren allesamt unglaublich nett und aufgeschlossen – jedenfalls alle, zu denen ich intensiveren Kontakt hatte. Ich empfehle zudem sehr, mal einen Blick auf lokale Internetseiten zu werfen, auf denen aktuelle Events gelistet werden. Wie etwa die „Celebration of Light“. Oder einfach einen Einheimischen auszufragen wie ich das oft mache. Da bekommt man so manche Insidertipps, vor allem wenn man etwas anderes als die gängigen und völlig überlaufenen Touristenattraktionen ansteuern möchte. Dasselbe gilt für gute und gleichzeitig günstige Restaurants.

Ums Verhungern muss man sich in Vancouver aber ohnehin keine Sorgen machen. Denn das gibt es ungefähr alle zwei Meter. Von Mexikanisch und Chinesisch bis Italienisch und Griechisch findet man wirklich alles, wenn man nur ein bisschen sucht. Oder einfach die Straße runtergeht, wie es im Falle des Hostels gewesen ist.

Durch die vielen neuen Bekanntschaften aus aller Welt lernt man natürlich auch direkt etwas über die anderen Kulturen kennen. Sobald man ein bisschen Interesse zeigt, erzählen die meisten freudig drauf los. Ob über indische Süßigkeiten, Filmtipps oder den brasilianischen Tanzgeist, spannend und faszinierend ist es allemal. Dabei ist der Name des anderen in der Regel tatsächlich das letzte, nach dem man fragt, haha ;)

Ansonsten wird mir die Stadt vor allem als unglaublich kontrastreich in Erinnerung bleiben – im guten wie im negativen Sinne. Neben der landschaftlichen Vielfalt herrschen auch mitten im Stadtkern krasse Gegensätze, beispielsweise mit dem schillernden Partyviertel, das gleichzeitig eine große Drogenszene beherbergt und Feierwütige und Fixer quasi nebeneinander leben.

Außerdem gibt es natürlich wie immer einige Regeln, die sich von denen in anderen Ländern unterscheiden. So etwa das Drinking Age, das in British Columbia bei 19 Jahren angesetzt ist oder die Freiheit, Marihuana legal in der Öffentlichkeit zu rauchen. Da kommt es dann schon mal vor, dass einem an der Haltestelle, während man auf den Bus wartet, ein Joint angeboten wird. Zudem gibt es in der Stadt fast überall kostenloses WiFi (funktioniert mal mehr oder weniger gut, aber immerhin!).

Ich könnte mir, glaube ich nicht vorstellen, für immer in Vancouver zu leben – dazu ist mir die Stadt zu groß und zu busy. Die Umgebung ist allerdings wunderschön. Sollte ich irgendwann noch mal zurückkommen, möchte ich auf jeden Fall Vancouver Island sehen.

Nachhaltig beeindruckt haben mich insbesondere die Leute, die ich dort kennengelernt habe.

Zu einigen werde ich sicher Kontakt halten und ihre weiteren Reisevorhaben verfolgen!



Music: Summer Paradise by Simple Plan (feat. Sean Paul)

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