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Update: Woche 12


Mittlerweile kann ich täglich zusehen, wie sich meine Umgebung mehr und mehr in das Winterland verwandelt, das ich so sehnsüchtig erwartet habe: Die Sonnenauf- und Sonnenuntergänge sind nur von kurzer Dauer, davor und danach (momentan im Zeitraum von 6pm bis 8:30am ist es stockdunkel. Dazu sinkt die durchschnittliche Temperatur immer weiter – wir haben jetzt schon morgens zum Frühstück den Kamin an. Die Kälte hatte zu meiner großen Freude auch Schnee im Gepäck und hat dafür gesorgt, dass das erste Mal etwas davon liegen geblieben ist!

Abgesehen davon war es an den meisten Tagen der Woche sehr windig, an einem Nachmittag hat sich über der Scheune eine leuchtend orangene Wolkenfront getürmt.

Neben den üblichen Chores und dem wöchentlichen Einkauf haben wir fleißig Eier verkauft, ausgeliefert und wie jeden Dienstag Kühe sortiert und verladen. Wir haben diesmal sogar im Laufe der Woche noch einmal getrieben – dazu mussten wir beim Abendessen alles stehen und liegen lassen, weil es kurz darauf dunkel war.

An einem Tag stand der Schmied plötzlich auf dem Hof – die Pläne geraten hier öfter mal durcheinander. An einem anderen haben wir die Wallache auf ihre Winterweide umquartiert, sodass die Farmer im Winter möglichst wenig zufüttern müssen. Heu ist teuer, insbesondere angesichts der eher kläglichen Ernte in diesem Jahr.

Ansonsten hatten wir in der Woche viel im Hühnerstall zu tun: Wasser auffüllen, Styropor in den Legeboxen festtackern und den Wassertank auffüllen. Letzteres grenzt alleine schon an ein kleines Kunststück, denn dazu muss ich jedes Mal die beiden (ohnehin schon steifen und dazu noch leicht angefrorenen) Schläuche aus der Garage holen, sie hinter das Haus schleppen und an der rostigen Verbindung zusammenschrauben, um sie dann an die Wasserversorgung anzuschließen. Die nächste Herausforderung ist, das Schlauchende – abgeknickt, um das Wasser vorerst zurückzuhalten – zum Hühnerstall zu schleifen und über den Zaun zu bugsieren. Danach trennt nur noch die Stalltür den Schlauch vom Wassertank.

Beim Betreten des Hühnerstalls besteht die letzte Hürde darin, kein Huhn nach draußen entwischen zu lassen. Während eine Hand das Schlauchende nach wie vor abgeknickt hält, muss die andere es schaffen, die Tür zu schließen und den Schlauch darin einzuklemmen. Wenn das Wasser dann endlich seinen Bestimmungsort, den Wassertank gefunden hat, heißt es danebenstehen und warten. Denn der Schlauch bleibt leider nicht freiwillig an Ort und Stelle, sondern hat die Tendenz, stattdessen den ganzen Hühnerstall unter Wasser zu setzen. Der spaßigste Part kommt allerdings erst noch, wenn es heißt, die in ihrem Biegeverhalten sehr eigenwilligen Schläuche danach wieder aufzurollen…

Saubermachen durften wir Mädels den Hühnerstall dann schließlich auch noch. Der Wind war eisig, weshalb das Quad, selbst nach zwanzigminütigem Abmühen, nicht angesprungen ist. Letztendlich durften wir sämtlichen Mist zu Fuß mit zwei Schubkarren zum etwa 250m entfernten Misthaufen transportieren. Angesichts der Menge sind wir sicher ein paar Kilometer gelaufen – und waren am Ende entsprechend fertig mit der Welt. Das Farmlife hält definitiv gute Workouts bereit, haha :D

Am nächsten Tag haben wir sozusagen direkt weitergemacht, wo wir aufgehört haben: diesmal haben wir in unseren Schubkarren Erde und Kompost abtransportiert, als wir das Blumenbeet vor dem Haus erst geleert bzw. gestutzt und anschließend umgegraben haben. Einige der Pflanzen haben dabei mit Widerharken, Dornen und Monsterwurzeln erbittert Widerstand geleistet. Letztendlich haben wir aber insofern triumphiert, dass das Blumenbeet vergleichsweise ordentlich aussieht (vermutlich ordentlicher denn je) und die Farmer zufrieden mit unserer Arbeit waren.

Ab und zu haben befreundete Farmer vorbeigeschaut. Einer von ihnen kommt regelmäßig, um an kaputten Maschinen herumzutüfteln und versucht, sie wieder in Gang zu bringen. Ein anderer hat regelmäßig Heuladungen vorbeigebracht (der Wintervorrat) und ein dritter kommt hin und wieder zum Eierkaufen und Teetrinken. Meistens enden wir dann damit, für alle anderen Anwesenden Mittagessen zu machen oder Tee, Kaffee und Cookies zu servieren.

Das Tagesende haben wir an den meisten Tagen mit Crafting und Lesen am Kamin verbracht. Oder wir haben einen Halloween-Film geschaut. Der Farmer hat dabei den Versuch gestartet, uns zu erschrecken. Letztendlich hat er damit aber nur der armen Katze Angst gemacht, haha xp

Die gemütliche Ruhe wurde an einem Abend jedoch unterbrochen, als wieder einmal ein Pferd im Garten stand. Diesmal eines der Mini-Shettys, das seinen Zaun gefressen hat – bis das Brett durchgekaut war und es auf diese Weise entwischen konnte. Einen der Hengste haben wir zu der Gelegenheit noch im Paddock mit den Rindern entdeckt. Viel Aufregung und natürlich wieder zu einem Zeitpunkt, an dem wir alle mehr als erschöpft waren. Aber wie immer galt: Einfach machen, es hilft ja nichts. Und irgendwie bekommen wir ja jedes Mal am Ende alle zurücksortiert – glücklicherweise hat bisher jeder Zwischenfall dieser Art ein gutes Ende genommen.

Tagsüber durften wir ein andermal zur Abwechslung noch Hühner einfangen. Sie haben ein Loch gegraben (vermutlich mit zusätzlicher Hilfe eines Hundes oder Kojoten) und sind naiv in die vermeintliche Freiheit spaziert. Zum Glück haben wir den Ausbruch rechtzeitig bemerkt – die Hunde haben sich damit begnügt, bereits tote und beerdigte Hühner zu klauen. Hier sind in letzter Zeit sehr viele Hühner gestorben, das gehört eben leider auch dazu.

Dasselbe Schicksal hat entgegen unseres Hoffens die kranke Kuh ereilt… Trotz den regelmäßigen Spritzen mit Antibiotikum. Genau genommen schien es ihr so viel besser zu gehen, aber der Eindruck hat wohl getäuscht.

An dem Morgen, an dem es das erste Mal wirklich dicke Flocken vom Himmel geschneit hat, haben wir nach den Morning Chores schnell die Pferde fertig gemacht und sind aufs Feld geritten. Wirklich traumhaft in der klirrend kalten Winterluft und mit all den schneeweißen Spots um uns herum! Das einzige, was diesen Wintertraum doch ein wenig zerstört hat, war das Kuhbein, das mit einem Mal vor den Hufen meines Pferdes am Boden lag. Ein höchst unappetitlicher Anblick – leider wurde ich nicht darüber in Kenntnis gesetzt, dass die toten Kühe schlicht und ergreifend neben einem der Bäume abgelegt und dort sich selbst (beziehungsweise tagsüber den Hunden und nachts den Kojoten) überlassen worden sind…

Abgesehen davon habe ich diese Zeit aber sehr genossen. Ich bin diesmal Poco, einen Schimmel geritten, der sich wirklich perfekt in der winterlichen Umgebung gemacht hat <3

Essenstechnisch gab es unter anderem – passend zum kalten Wetter – Suppe mit unseren selbstgeernteten Tomaten, von denen ein Teil immer noch in den Boxen reift.

Sonntag war ein Junkfood-Tag: Angefangen mit Waffeln zum Frühstück und beendet mit Nachos am Abend. Dazwischen wurden wir mit dem hier populären Gemisch aus Vanilleeis und Crush Orange bekanntgemacht. Letzteres erinnert an Fanta, schmeckt aber wenigstens mehr nach Orange.

An einem anderen Abend haben wir für die Farmer Semmelknödel gemacht. Sie haben die Knödel, denke ich, ein wenig unterschätzt. Dabei sind jedenfalls die verschiedenen Essgewohnheiten sehr deutlich geworden – obwohl sie so viel Toast und Weißbrot essen, waren sie bereits nach nur einem Knödel schon nah dran aufzugeben, haha :p

Es hat ihnen aber geschmeckt und vielleicht versucht die Farmerin sich in Zukunft selbst mal an dem Rezept.

Im Laufe der Woche gab es auch noch einmal Muffins mit Icing – ähnlich wie Zuckerguss, allerdings cremiger Dank Cream Cheese und super lecker! :)

Neben alldem durfte ich am Donnerstag noch einmal mit dem anderen Mädchen ein paar Stunden in der Stadt verbringen. Diesmal waren wir in der Kingsway Mall, haben Kaffee getrunken und sind durch die Geschäfte gebummelt. Dabei haben wir einige kuschelige Pullover erworben und allerhand interessante Artikel entdeckt – beispielsweise Winterboots mit ausklappbaren Spikes. Natürlich made in Canada :D

In regionaler und nationaler Hinsicht waren in der letzten Woche zwei Dinge besonders präsent: Zum einen der Wahlkampf, der über Radio- und TV-Nachrichten sowie insbesondere Commercials allmählich anstrengend geworden ist. Ich war fast froh, als die Wahl dann schließlich vorbei war, nicht zuletzt deshalb, weil sich die meisten Menschen in meinem Umfeld tierisch über die politischen Persönlichkeiten und Entwicklungen aufgeregt haben. Dasselbe gilt für das zweite zentrale Thema dieser Woche, dem großen Klimastreik in Edmonton. Insbesondere hinsichtlich Albertas Ölindustrie reagieren viele da sehr sensibel…

Insgesamt betrachtet eine ereignisreiche 12. Woche auf der Farm. Ich bin jedes Mal beeindruckt, dass ich in jedem Beitrag Neues zu berichten habe – so wird hoffentlich niemandem langweilig! ;p


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