Endlich melde ich mich wieder – ich weiß, ich hänge ein bisschen hinterher. Die letzten Wochen habe ich einfach keine Zeit zum Schreiben gefunden, da war nichts zu machen.
Das soll aber natürlich auf keinen Fall zur Regelmäßigkeit werden, sondern eine Ausnahme bleiben. Der Blog macht mir unglaublich Spaß! :D
Jedenfalls habe ich beschlossen, die letzte September- und die erste Oktoberwoche kurzerhand in einem einzigen Beitrag zusammenzufassen. Das bietet sich ohnehin an, weil die beiden Wochen nach meinem Gefühl sehr fließend ineinander übergegangen sind.
Unsere Hauptbeschäftigung war die Ernte. Der erste Frost kam von einem Tag auf den anderen und dementsprechend hatten es alle auf einmal sehr eilig, Heu, Stroh und Getreide von den Feldern einzuholen und die Gärten zu leeren. Dieses Jahr waren die Wiesen so reich mit Gras, dass die Farmer eine davon sogar mähen und zu ihren eigenen Heuballen verarbeiten konnten. Da hat die viele Nässe dann zumindest mal etwas Positives!
Wir haben mit den verbliebenen Mini-Tomaten begonnen, die an ihren Büschen über der Erde am anfälligsten gegenüber der nächtlichen Kälte waren. Bei dieser Gelegenheit durften wir auch all die anderen, bereits geernteten Tomaten noch einmal neu verpacken – irgendwie ist wohl etwas Nässe in die Kartons eingedrungen und hat vereinzelt für schimmlige Exemplare gesorgt…
Weiter ging es mit dem unterirdischen Gemüse: Zwei Eimer Rote Beete (von denen einer immer noch darauf wartet, geschält und eingelegt zu werden), deformierte Kartoffeln, Möhren und zu guter Letzt ein einziger Maiskolben sowie jede Menge Zwiebeln. Die durften wir drei sehr denkwürdige Stunden lang konzentriert flechten und anschließend im (ziemlich gruseligen) Cool Room im Keller aufhängen.
Meine Top 3 der deformierten Möhren:
(von links nach rechts - 1. "Davy Jones"/ 2. "sich selbst umarmende Möhre"/ 3. "Der Kraken")
Verhoben habe ich mich dabei auch noch, weshalb ich gezwungenermaßen gerade eine kleine Reitpause einlege. Ich glaube, der unförmige Zwiebeleimer hat mir nach wochenlangem Schleppen von schweren Sachen einfach den Rest gegeben.
Bis dahin bin ich allerdings noch ein paar Mal geritten, habe unter anderem Kühe getrieben und am ersten wunderbar klirrend kalten Tag waren wir noch einmal in den Backfields. Die Herbstlandschaft ist atemberaubend schön: All die gelben und orangenen Blätter an Birken und Lärchen, die wilden Wiesen in allen möglichen Brauntönen und goldenes Licht. Und sie verändert sich ständig, darüber staune ich jedes Mal, wenn wir auf dem kurzen Weg in eine der nächsten Towns oder dem etwas längeren nach Edmonton auf dem Highway unterwegs sind und die weite Landschaft der Prärie am Fenster vorbeizieht.
All die Ernteprodukte mussten dann natürlich verwertet werden – und im Freezer war bald schon kein Platz mehr. Das übrig gebliebene Gemüse haben wir dann zum Beispiel zu Potato Pancakes und Carrot Cake verarbeitet. Daneben haben wir Bananenbrot und Cookies gebacken und auch noch einmal Spätzle gemacht. Ich finde es toll und spannend die verschiedenen Esskulturen miteinander zu teilen und fülle mein Notizbuch fleißig mit Rezepten.
Ansonsten habe ich Wachs gesäubert, regelmäßig Pferde gefüttert, Hinweisschilder für den Trailer und die Auffahrt designt, bemalt und zusammengebaut, den Hühnerstall saubergemacht, jede Menge Eier verkauft und den Kuh-Trailer ausgemistet – eine wirklich einmalige und geruchsintensive Erfahrung xD
Ein paar Tage haben wir gänzlich dem Zäuneflicken in Vorbereitung für den Winter gewidmet. Immerhin hat unser privater „Rollercoaster“ in Form der Traktorschaufel zwischendurch für etwas Spaß gesorgt. Und ich habe erstaunliche Fortschritte im Nägelhämmern gemacht, haha :)
Daneben gab es jede Menge Hausarbeit, wir haben eine Art Herbstputz gemacht und anschließend das Haus passend zur Jahreszeit dekoriert.
An einem Morgen hat sich eine der Hündinnen verletzt, weil sie die Nerven eines anderen wohl überstrapaziert hat – sie hat jetzt jedenfalls ein Schlappohr, was ihr in meinen Augen aber lediglich mehr Charme und Charakter verleiht.
Des Weiteren habe ich Phantoms Massagen und Übungen fortgesetzt und seine Fortschritte sind unglaublich: Mittlerweile tobt er sogar mit den Jährlingen umher und beim Reiten fühlt und sieht man einen großen Unterschied. Seine Rücken- und Hüftmuskulatur ist seitdem spürbar lockerer geworden. Diese Entwicklung macht mich glücklich, denn ihm geht es ganz offensichtlich besser. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich, obwohl seine Besitzerin mittlerweile wieder aus dem Urlaub zurück ist, weiter um ihn kümmere. Ich möchte diesen Zustand erhalten, damit es ihm auch weiterhin gut geht. Wenigstens solange ich noch hier bin.
Fotos von den Fohlen und Jährlingen haben wir Mädels auch noch gemacht – der jährliche Verkauf rückt näher und im Vorfeld soll dafür ein Katalog erstellt werden.
Wir haben in kurzer Zeit jedenfalls so einiges erledigt, womit die Aufgaben spärlicher und weniger dringend in ihrer Notwendigkeit werden. Wir suchen uns vielmehr eigenständig etwas zum Zeitvertreib. Es ist seltsam wie schlagartig sich die Geschwindigkeit der Tage verändert, sie werden langsamer. Trotzdem habe ich leider dadurch keineswegs mehr Zeit für meinen eigenen Kram – wie etwa zum Blogschreiben… Immerhin verlagern sich die Beschäftigungen wetterbedingt nach und nach mehr ins Haus und zumindest für den Abend kommen neue dazu: Winter Time is Crafting Time. Lederarbeit, Wood Burning etc. sind hier weitverbreitet und ein beliebter Zeitvertreib an dunklen Tagen in der kalten Jahreshälfte. Daran habe ich definitiv schon gefallen gefunden, gegen ein bisschen künstlerische Betätigung hatte ich noch nie etwas einzuwenden :)
Und dunkler ist es definitiv geworden: Innerhalb weniger Wochen ist es plötzlich morgens noch dunkel, wenn ich aufstehe und wenn ich den Tag mit den abendlichen Chores beende, ist es ebenfalls fast dunkel. Mit der Dunkelheit kommt auch die Kälte. Die Regentage haben zugenommen, teils war der Himmel den ganzen Tag über grau – ungewöhnlich für diese für das extrem wechselhafte Wetter bekannte Provinz. Hinzu kam starker Wind und nachts sind die Temperaturen erstmals unter den Gefrierpunkt gefallen.
Das hatte schließlich sogar den ersten Schnee zur Folge (ich habe in meiner Freude ignoriert, dass es bisher eher noch Graupel und Schneeregen war) – mit meiner Vorliebe für Schnee und Regenwetter mache ich mir hier wenig Freunde, aber das stört mich nicht. Dann bin ich eben für alle anderen mit glücklich :p
Dank des Kälteeinbruchs kann ich meinem Blog-Namen nun endlich gerecht werden, Kanada zeigt sich endlich als Winterland!
Ich kann es kaum erwarten, dass der Schnee liegen bleibt – immerhin gab es morgens schon Bodenfrost, der wunderbar unter den Füßen knirscht und in der Morgensonne glitzert. Und wir haben den Kamin eingeweiht. Cozyyyy…
Nachts haben sich zu diesem Anlass auch noch mal Polarlichter gezeigt. Ich bin nach wie vor fasziniert von diesem Naturschauspiel.
Es ist dennoch immer wieder erstaunlich wie unterschiedlich das Wetter zur gleichen Zeit an nicht weit entfernten Orten sein kann: Während in Edmonton strahlender Sonnenschein herrschte und man fast im T-Shirt herumlaufen wollte, war es zurück auf der Farm stürmisch und regnete. Auf dem Highway ist es nicht selten auf der einen Seite hell und zur anderen türmen sich dunkle Wolken – Willkommen in Alberta!
Am letzten Septemberwochenende sind wir zu einer Auktion (quasi draußen auf einem Feld) gefahren. Eine interessante Erfahrung, denn das ist hier wohl sehr populär. Wir haben uns zwar währenddessen ziemlich die Füße abgefroren, aber ich habe immerhin endlich das System von Auktionen besser durchblickt. Witzig ist, dass man meistens auf ganze Paletten oder Boxen bietet – auch wenn man nur eine ganz bestimmte Sache haben möchte. Was man dann letztendlich alles mit nach Hause bringt ist eine Überraschung: jede Menge Krimskrams, nicht unbedingt zu gebrauchen, aber definitiv lustig, was man da alles zu Tage befördert ;D
Ein Tierauktionshaus habe ich auch kurz besichtigt, als wir ein paar neue Hühner dort abgeholt haben. Einige befinden sich nämlich gerade in der Mauser und legen entweder gar keine oder sehr zerbrechliche Eier, aufgrund ihrer weichen Schalen. Dementsprechend ist die Produktion etwas zurückgegangen und die Farmer wollen keine Kunden verlieren.
Wir haben jetzt irgendwie auch braune Hühner – das war wohl eigentlich entgegen der Absprache, aber nun sind sie eben da. Das bedeutet, das wir jetzt auch braune Eier haben werden, das heißt, zumindest in der Theorie. Denn in der Praxis lassen sie sich bisher noch Zeit mit dem Eierlegen und ärgern lieber ihre weißen Mitbewohner, was die Farmerin langsam aber sicher zu Morddrohungen veranlasst… Die braunen Neuankömmlinge sollten ihre Einstellung wohl besser noch mal überdenken xD
Am zweiten Wochenende haben wir dann die lang ersehnte Pumpkin Fair in Smoky Lake besucht. Den Plan haben wir bereits an meinem ersten Wochenende hier im August gemacht, als wir anlässlich des Rodeos in der Town gewesen sind.
Die Gemeinde nennt sich stolz „Pumpkin Capital“, da sie als Gastgeber des alljährlichen Weigh Offs verschiedenste Weltrekorde hält. Entsprechend präsentiert sie sich mit Hinweisschildern und vier großen Kürbisstatuen auf einer Erhebung – ein beliebtes Fotomotiv an diesem Tag. Aber auch die echten waren beeindruckend. Ich habe wirklich noch nie so große Kürbisse gesehen und im letzten Jahr waren sie wohl sogar noch um einiges größer!
Sämtliche Straßen waren flankiert von Oldtimern, manche von ihnen bereits ganz im Sinne von Halloween geschmückt. Außerdem gab es einen kleinen Jahrmarkt, einen Farmer’s Market mit jeder Menge selbstgemachten Sachen und wir haben den Bahnhof mit einer alten Poststelle besichtigt. Abgerundet wurde der Besuch durch die leckeren Snacks, die es überall zu kaufen gab: warme Mini-Doughnuts mit Cinnamon Sugar, Maple Walnut Ice Cream, Beef Jerky…
Abgesehen davon macht sich allmählich bemerkbar, wie crazy die meisten Leute hier in Hinblick auf Halloween sind: Beim Einkaufen gibt es fast in allen Läden lange Gänge, vollgestopft mit allen möglichen Dekoartikeln, Süßigkeiten und allerlei anderem schaurigen Kram. Manche ausschließlich auf das Gruselfest spezialisierte Shops öffnen sogar nur für diese Zeit im Jahr – kaum zu glauben!
Einmal haben wir auf dem Rückweg vom Einkaufen den Weg über die Range Road (quasi Cross Country) genommen und an der „One Man Bridge“ gehalten. Die heißt so, weil immer nur ein Fahrzeug auf einmal die Brücke überqueren darf. Die Landschaft dort ist sehr idyllisch, ein kleiner Bach schlängelt sich durch die sanften Hügel – im Winter kann man dort bestimmt super Schlichtschuhlaufen!
Außerdem habe ich während der Fahrt Fotos aus dem Dachfenster gemacht. Hinter mir sind Schotter und Blätter aufgewirbelt und über die Straße getanzt und der kalte Wind hat mir Tränen in die Augen getrieben. Ein glücklicher Moment.
Daneben gab es über die Tage auch andere. Man lernt sich über den langen Zeitraum doch sehr gut kennen, insbesondere auch die individuellen Schwachstellen. Dass wir wegen des Wetters alle noch mehr Zeit gemeinsam im Haus verbracht haben, ist dieser mal mehr und mal weniger präsenten Problematik nicht gerade zuträglich. Das ist dann manchmal sehr anstrengend für mich, zumal ich generell sehr harmoniebedürftig bin. Gleichzeitig ist es spannend zu beobachten wie verschieden Menschen in ihrem Charakter, ihrer Kommunikation und ihrem Handeln sind. Darüber hinaus gab es auch einige interessante Geschichten zu hören.
Mit den anderen beiden Mädchen verstehe ich mich sehr gut, wir sind über die Wochen und mit all den Aufgaben definitiv zusammengewachsen. Daraus sind in meinen Augen neue Freundschaften erwachsen, von denen ich hoffe, dass wir sie auch über den Stay hinaus erhalten werden können :)
September-Video:
Comments